Till Hagen – Die Synchronstimme von Kevin Spacey  [Podcast]

    2018-01-24 Synchronsprecher podcast

    Wenn Till Hagen spricht, erwartet man, dass Kevin Spacey gleich aus einer Ecke kommt und seinen nächsten bösen Plan á la House of Cards erklärt. Till liebt die Herausforderung in den Rollen, die Kevin Spacey spielt. Er ruht sich aber nicht auf diesen Rollen aus, sondern sucht immer wieder Möglichkeiten sich auszuprobieren.



    House of Cards und die Rolle Frank Underwood

    Gefragt nach seiner Lieblingssynchronisation, beginnt er direkt mit House of Cards. Er liebt die Herausforderung von Frank Underwood. Dieser ist mit seinen diabolischen Plänen sehr facettenreich und dementsprechend fordernd. Es gab den netten Frank, den intriganten Frank oder auch den aggressiven Frank. Alle mussten von Till anders gesprochen werden. Das hat ihm große Freude bereitet.


    „Das macht schon Spaß. Das ist toll. Der Schauspieler ist auch irre, weil er so unterschiedliche Gefühle hat und Stimmungen herstellen kann. Präsenz hat und wirklich bedrohlich ist. Und dann auf der anderen Seite wirklich gerade zu freundlich, freundschaftlich, liebevoll.“

    Hauptsache nicht langweilig. Kein Wunder also, dass er Filme wie American Beauty und Verhandlungssache als seine Lieblingssynchronfilme benennt.

    Kevin Spacey in der #metoo-Bewegung

    Kevin Spacey ist ein preisgekrönter Schauspieler. Von vielen gefeiert und verehrt. Doch seit einigen Monaten offenbart sich immer mehr eine zweite Version des Schauspielers, neben dem Glanz und Glamour Hollywoods. Immer mehr Missbrauchsvorwürfe sind in Folge der #metoo Bewegung bekannt geworden.

    Till differenziert zwischen dem Menschen und dem Talent von Spacey. Für ihn bleibt der Schauspieler ein Mann mit der beeindruckenden Fähigkeit ambivalente Figuren darzustellen. Der eigentliche große Skandal ist für Till, dass so viele Menschen jahrelang geschwiegen und weggesehen haben. Was daran wahr ist, sollen nun die Gerichte entscheiden. Darüber mag sich Till kein Urteil erlauben. Sein einziges kurzes Treffen mit Kevin Spacey auf einer Premiere verlief nett und freundlich.

    Sein Weg zum Synchronsprecher

    Tills Weg ins Synchronatelier war zielstrebig, aber nicht gerade. Abitur, Schauspielschule und dann hat er erst einmal Theater gespielt in Bielefeld und Dortmund. Die erste Wende gab es in Dortmund. Dort spielten Kinder in einem Theaterstück mit. Besser gesagt, sie sollten mitspielen. Das funktionierte aber nicht so wirklich. Till wollte das ändern und dachte sich: Ich will das richtig machen und brauche dafür eine Ausbildung zum Theaterpädagogen. Also fing er noch ein Lehramtsstudium an und zog es bis zum ersten Staatsexamen durch. Die nächste Wende kam bei seinem Nebenjob während des Studiums. Nebenbei arbeitete er in der Sozialarbeit und wie das Leben manchmal so spielt, sollte die Akte von einem Kind, das er betreute, verfilmt werden. Er bot dann an die Kommentare zu sprechen. Die Produktionsfirma nahm dankend an. So kam eins zum anderen und über einen Kollegen landete er bei der Synchronisation.


    „Ich habe nie von Synchron allein gelebt. Sondern hatte immer mein zweites Standbein: Rundfunk und Fernsehen.“

    Till hat sich immer alle Möglichkeiten offen gelassen. Mal synchronisiert er Filme, dann kommentiert er Dokumentation oder liest Hörbücher. So stellt er sich immer wieder neuen Herausforderungen und erweitert sein beachtliches Repertoire. Vielen war er in Kindheit sogar ein treuer Einschlafbegleiter als Zoowärter Karl bei Benjamin Blümchen.

    Die Kunst des Sprechens

    Vorlesen ist nicht etwas vortragen und vortragen ist nicht synchronisieren. Deswegen sollte man korrekterweise auch von Synchronschauspielern sprechen.


    „Synchron ist eine eigene Kunst. Eine Rede zu halten, die in so Schnipseln geschnitten ist, die hinterher einen Bogen haben soll. Muss man auch erst einmal herstellen.“

    Und das kann nicht jeder, weiß Till. Immer wieder sind auch gestandene Schauspieler auf ihn zugekommen und haben gesagt, dass sie das, was er macht, so nicht machen könnten. Nicht jeder Schauspieler kann Reportagen vertonen oder Beiträge sprechen. Till gehört zu den wenigen Ausnahmetalenten, die alle Bereiche abdecken.

    Ein bisschen Synchronnostalgie

    Rundfunk, Radio und Fernsehen – hier nimmt die Qualität der Sprecher ab, findet Till. Zu häufig wird Geld eingespart und es werden günstige Sprecher für Beiträge genommen. Manchmal sprechen auch nicht ausgebildete Leute die Beiträge und Till schüttelt es, wenn Dokumentationen wie Märchen klingen. Für die Synchronisation kann er einen Qualitätsabfall so pauschal nicht bestätigen. Dafür hat sich aber die Arbeitsweise vollkommen geändert. Während früher noch die Szenen gemeinsam aufgenommen wurden, sitzt nun jeder Synchronsprecher alleine in seinem Kämmerchen und spricht nur seine Texte ein. Anschließend wird alles zusammengeschnitten.

    Till vermisst die alte Art aufzunehmen:

    „Ich habe es genossen als ich – vorheriges Jahr oder vor zwei Jahren – je 18 Folgen a einer Viertel Stunde eines WDR Hörspiels aufgenommen habe. Und wir haben wirklich alle Szenen, die wir zusammen gemacht haben, auch zusammen aufgenommen. Wie Theater spielen. Das war richtig schön. Das hat richtig Spaß gemacht mit den Kollegen gemeinsam - und nicht nur so XX. Wir konnten richtig aufeinander reagieren und miteinander umgehen. Das war schön!“

    Er wird ein wenig nostalgisch und denkt, dass dies so manche Aufnahme schöner machen würde. Also, wenn Synchronschauspieler noch so richtig aufeinander reagieren können. Gemeinsam Arbeiten. Das vermisst Till sehr. Bleibt zu hoffen, dass er noch ab und zu wie in den guten alten Zeiten synchronisieren darf.

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