So wurde Irina von Bentheim zur Synchronstimme von Carrie in Sex and the City [Podcast]

    2017-04-27 Synchronsprecher podcast

    Man muss kein Sex and the City Serienjunkie sein, um bei dem Anblick von Sarah Jessica Parker direkt die deutsche Stimme im Kopf zu haben. Irina von Bentheim synchronisierte  von 1998-2004 die Protagonistin Carrie, und wurde so  zu einer der bekanntesten deutschen Synchronstimmen der heutigen Zeit. Im ersten Teil unseres neuen Podcasts erzählt sie uns, wie sie zum Sprechen kam und wie sich die Bekanntheit ihrer Stimme auf ihre Karriere auswirkte...



    Für viele stellt sich die Frage, wie man in den Beruf als Sprecher reinkommt. Die meisten Sprecher haben eine Schauspielausbildung gemacht, heutzutage gibt es aber auch Schulen speziell fürs Sprechen - hierzu erzählen wir später noch genaueres.

    Irina hat den Sprecherberuf quasi in die Wiege gelegt bekommen - ihr Vater war Moderator diverser Sendungen, nicht zuletzt bei den Tagesthemen, die er mit ins Leben gerufen hatte. Dadurch war er bereits auf vielen Medien präsent und bekannt.

    Völlig klar also, dass seine Tochter schon früh Teil der Film- & Fernsehwelt war:


    „Ich hab mich selbst gesprochen. Ich war ja als Kind sowas wie ein Kinderstar, ich hab in mehreren Kinofilmen mit[gespielt]/gesprochen und früher sind die Außenaufnahmen eigentlich grundsätzlich nachsynchronisiert worden. Und da musste ich mich selbst sprechen, da waren wir im Synchronstudio und das ging ziemlich gut und ziemlich flott und dann war ich eigentlich drin.”

    Das Leben als Kinderstar brachte allerdings auch Opfer mit sich: In ihrer Familie wurde immer viel Wert auf eine gute Sprache gelegt. So war es beispielsweise nicht gerne gesehen, wenn sie mit Kindern zu tun hatte, die stark "berlinerten". Doch bedauern tut Irina dies nicht, im Gegenteil:


    „Nichts ist schlimmer, als einen eingeschliffenen Dialekt aus der Sprache raus zu bekommen. Ich muss ja schon so aufpassen. Weil wenn man so spricht, dann sagt man ja mal 'dis is dis', usw., das passiert ja. Aber wenn das eingeschliffen ist und man das selbst gar nicht mehr merkt, dass man vielleicht auch 'garnisch mehr so janz sauber sprechen kann', dann wirds echt schwierig, das später rauszukriegen. Also insofern bin ich dankbar, die Sprache hat in meiner Familie immer einen ganz hohen Stellenwert gehabt. Für mich ist es heute auch noch so, ich möchte zum Beispiel mit bestimmten Menschen gar nicht so viel zu tun haben, weil ich leide innerlich dann so sehr über so eine schlechte Sprache, dass ich das nicht ertrage.”

    In ihrer Jugend schlug sie zunächst einen etwas anderen Weg ein, mit 15 war sie von zu Hause ausgezogen - ihr war die Arbeit in der Schauspielerbranche zu oberflächlich.
    Nach ihrem Abi machte sie eine Ausbildung zur Kamerafrau, arbeitete als Kameraassistentin und Tonfrau und wurde nebenbei immer wieder als Synchronsprecherin beauftragt. Später ging sie zum Radio, arbeitete bis kurz nach dem Mauerfall als Moderatorin, stieg dann aber wieder sehr intensiv ins Synchrongeschäft ein.
    Und dann kam sie - wenn man so sagen kann, die Rolle ihres Lebens in Sex and the City.


    „Ja, bestimmt kann man das irgendwie sagen, weil es gibt nunmal nicht viele Rollen, wo auch die Stimme so einen Hype bekommen hat wie in Sex and the City, ja, das ist einfach so.”

    Dieser Glückstreffer hat Irina für ihre Sprecherkarriere viele Türen geöffnet.


    „Die Rolle hat mir die Möglichkeit gegeben, viel zu machen, was ich immer machen wollte, zum Beispiel Hörbücher lesen. Ich wollte immer Hörbücher lesen, aber komm mal irgendwie als 'irgendeine Sprecherin' da rein, das geht gar nicht. Das waren in der Zeit eben eher die prominenten Stimmen, die Hörbücher gesprochen haben und die da gebucht wurden, und da war ich dann natürlich ganz gut dabei.”

    Im Gegensatz zu manch anderen bekannten Synchronsprechern, die ganz klar sagen, dass sie nur diese eine Stimme haben, für die man sie kennt, gibt es für Irina jedoch nicht "die eine Irina-Stimme."


    „Nein, gabs noch nie. Sagen wir mal, die Carrie Stimme ist mir sehr nah, da hab ich sehr viel von mir persönlich reingegeben, muss ich sagen. Aber ich stelle sie auch her. Weil ich gehe in die Figur rein, und das ist für mich auch der Ansatz bei meiner Arbeit, dass ich in eine Figur reinkrieche und sie ausfülle. Ich versuche immer, das abzunehmen, was mir die Rolle vorgibt. Gut, man sagt mir nach, dass ich eine ziemlich markante Stimme habe, aber es gibt immer wieder Fälle, wo mich auch Leute, die mich sehr gut kennen, nicht erkennen.”

    International Voice Sprecherschule & Einstiegschancen für Nachwuchstalente

    Seit ca. fünf Jahren engagiert Irina sich in der Sprecherschule von Carmen Molinar und Christian Rode. Die angebotenen Seminare bieten Talenten eine Komplettunterstützung - von der ersten Orientierung bis hin zur Förderung in Sachen Selbstvermarktung etc.


    „Natürlich kommen da auch Leute, die sagen 'ach, man hat mir immer gesagt ich hab ne gute Stimme, ich würd die gerne mal ausprobieren'. Sie kriegen die Möglichkeit, in fünf Tagesseminaren in die unterschiedlichen Bereiche dieser Kunst Einblick zu kriegen. Das heißt sie machen Hörbuch, sie machen Werbung, sie machen Off-Kommentar, sie machen Hörspiel, unter anderem mit Christian Rode, und sie machen Synchronisation mit mir: unterschiedlich, bspw. Trickfilm, Realfilm,... Sie kriegen aber auch viel mehr, also 'wie vermarkte ich mich selbst?' und alles Mögliche an die Hand, sodass sie nach diesen Tagen wirklich wissen: ist das was für mich? Oder ist es nichts? Welcher Bereich des Sprechens interessiert mich? Welcher Bereich ist für mich wirklich realistisch, auch umsetzbar? Weil es ist zum Beispiel auch was ganz anderes, ob du jetzt ein toller Radiomoderator bist, oder ein toller Off-Kommentar Sprecher, das heißt noch lange nicht, dass du deswegen synchronisieren kannst.”

    Auf die Frage, was Irina talentierten Nachwuchssprechern auf den Weg geben würde, hatte sie eine Antwort, die Talente nicht nur aufhorchen lassen sollte, sondern woraufhin sie sofort aufspringen und sich schleunigst nach Berlin machen sollten:


    „Also sagen wir mal, wenn ich jetzt vom Synchronbereich reden kann, wenn man da rein will - und das ist wirklich erst so seit 2-3 Jahren, dann ist jetzt die richtige Zeit. Weil so viel, wie im Moment produziert wird, braucht man immer noch viel mehr Stimmen als oft da sind oder verfügbar sind, weil viele eben wirklich Tag und Nacht sprechen und schwer zu kriegen sind. Da hat man wirklich eine Chance, reinzukommen. Und wenn man Talent hat, und wenn man das gut drauf hat, dann ist jetzt die Chance. Das hätt ich vor 5 Jahren nicht so gesagt.”

     

    Das war der erste Teil unseres Interviews mit Irina von Bentheim. Abonniere unser Blog um den zweiten Teil nicht zu verpassen!

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